Sehr geehrte Damen und Herren,
Sehr geehrte Frau Dr. Hubig,

die Jugendvertretungen des Landes Rheinland-Pfalz haben sich in den letzten Tagen in einer digitalen Konferenz über die aktuelle Situation des digitalen Unterrichts im Land Rheinland-Pfalz ausgetauscht. Durch Meinungsforschung an der Basis ist es ihnen gelungen ein fundiertes Stimmungsbild zu schaffen, welches wir Ihnen in diesem Schreiben darlegen möchten.

Die aktuell anhaltende Corona Pandemie ist ein historisches Ereignis, welches unser aller Leben betrifft. Insbesondere die Kinder und Jugendlichen, die sich aktuell die Grundlagen für ihr zukünftiges Leben aneignen, sollten nun die bestmöglichen Chancen bekommen, um nach ihrer Schulzeit gut auf das Leben vorbereitet zu sein. Trotz der aktuell schwierigen Situation läuft, dank sinnvoller Beschlüsse, den Erfahrungen aus dem ersten Lockdown, sowie engagierten Schulen und Lehrkräften, vieles gut im Onlineunterricht. Dennoch sind uns in den Gesprächen mit unserer Basis einige wiederkehrende Punkte aufgefallen, die einer Verbesserung bedürfen. Wir bitten Sie auch in Zukunft bei Ihren Beschlüssen insbesondere unter Berücksichtigung der Punkte Fairness, Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit zu agieren. Denn auch wenn diese Pandemie in der kommenden Zeit vorübergeht, wird die Digitalisierung bleiben. Am bisherigen Fortschritt sollte festgehalten und darauf aufgebaut werden.
Bisher werden zur digitalen Kommunikation vermehrt unterschiedliche Plattformen wie z. B. „Moodle“, „Big Blue Button“, oder auch „Microsoft Teams“ verwendet. Wir unterstützen diesbezüglich Ihr Vorhaben, mehrere Programme im „Schulcampus Rheinland-Pfalz“ zusammenzuführen und hoffen inständig, dass eine ausreichende Server-Infrastruktur zur Verfügung gestellt wird, um die bisher sehr häufig auftretenden Auslastungsprobleme zu vermeiden. Durch diese Standardisierung wird es den Schüler*innen sicherlich einfacher fallen, einen geordneten Tagesablauf zu schaffen und den erforderlichen Kontakt mit den Lehrkräften und der Klassengemeinschaft zu halten.

Da es sich hierbei wiederum um potenziell unbekannte Software handelt, empfehlen wir die bisher für Lehrer*innen stattfindenden Schulungen fortzuführen und auch auf interessierte Eltern und die Schülerschaft auszuweiten sowie entsprechende Dokumentationen zu veröffentlichen, damit auch sie im Umgang mit der Plattform vertraut sind und sich gegebenenfalls gegenseitig unterstützen können. Den hiermit bisher bereits betriebenen Vorstoß in die Medienkompetenzstärkung des Lehrpersonals halten wir auch unabhängig von der Pandemie für einen wichtigen Schritt und hoffen, dass dieser Aspekt in Zukunft auch ein entsprechend wichtiger Teil der Lehrer*innenausbildung wird.

Auch mit der technischen Ausstattung an sich gibt es, vor allem in den zahlreichen finanzschwachen Kommunen, einige Probleme. So fehlt es beispielsweise vielen Schüler*innen und Lehrer*innen an geeigneten Endgeräten, die über genügend Rechenleistung verfügen, um dem digitalen Unterricht beizuwohnen und aktiv mitzugestalten.
Es sollte jedem Schüler und jeder Schülerin möglich sein ein entsprechendes Endgerät für den digitalen Unterricht auszuleihen, wenn er oder sie selbst nicht die Möglichkeit hat ein solches Gerät zu verwenden, oder die vorhandenen Privatgeräte in keinster Weise ausreichen.

Dies würde sich unserer Meinung nach gut in die bisher bereits bestehende Schulbuchausleihe eingliedern lassen. Selbiges gilt auch für die Lehrerschaft; hier müssen Dienstgeräte zur Verfügung gestellt werden, die auch über den Lockdown hinaus im Wechselunterricht ihre Sinnhaftigkeit beibehalten werden. Um eben diese, sowie auch die Ausrüstung der Klassenräume, instand zu halten ist es weitergehend essenziell, dass informationstechnisches Fachpersonal vor Ort an den Schulen strukturell und finanziell ermöglicht wird. Von den technikaffinen Lehrer*innen kann nicht die digitale Instandhaltung des gesamten Schulkomplexes in ihren Frei- und Überstunden erwartet werden; ohne eine entsprechende zeitige Unterstützung in IT-Problemfällen wird die Digitalisierung der Schulen jedoch nicht funktionieren.

In diesen Angelegenheiten ist entweder eine Erweiterung des bisherigen Digitalpaktes nötig, oder ein eigenes Programm des Landes, da es sich viele Kommunen schlicht und ergreifend nicht leisten können, die benötigte digitale Infrastruktur anzuschaffen und zu erhalten. Die wesentlichen Problempunkte liegen hier erstens im enormen bürokratischen Aufwand, so fällt es vielen Schulen beispielsweise schwer eine pädagogische Erklärung für die Notwendigkeit jedes einzelnen Notebooks zu finden, und zweitens bei den Instandhaltungskosten. Diese können ohne einen funktionierenden Finanzausgleich von vielen Schulträgern nicht getragen werden und sollten unter den vorherrschenden Umständen, wie wir finden, auch aus diesem neuen Programm zur digitalen Förderung finanziert werden können.

Die Notbetreuung an den Schulen ist ein wichtiger Aspekt der digitalen Beschulung. Angesichts der aktuellen Situation ist es wichtig, so wenige Schüler*innen wie möglich vor Ort zu haben, allerdings gibt es, vor allem im ländlichen Raum, vermehrt Probleme. Aufgrund des noch nicht abgeschlossenen Netzausbaus reicht die private Internetanbindung oftmals nicht zur Teilnahme am Unterricht aus oder ein schlechtes Lernumfeld wirkt der produktiven Teilnahme am Unterricht entgegen. In diesen Fällen empfinden wir es als wichtig, den Schüler*innen die Teilnahme an der Notbetreuung zu ermöglichen, damit diese sich gegebenenfalls mithilfe des Schulnetzes in den digitalen Unterricht einklinken können. Außerdem würden wir es als sinnvoll erachten, wenn die Lehrkonzepte und Lehrer*innen es möglich machen würden, den Schüler*innen eine Eins-zu-eins-Förderung und generelle Erreichbarkeit zur Schulzeit wie schon im Normalbetrieb anzubieten. Gerade in einer Zeit, in der es fast täglich neue wissenschaftliche Erkenntnisse und damit verbundene Handlungsempfehlungen gibt, sollte die Kommunikation des Landes an den Schulträger an die Schule sehr schnell und effizient geschehen, jedoch erst, wenn Anweisungen in finalisierter Form vorliegen. Es wäre schön, wenn diese Nachrichtenkette schneller und effizienter gestaltet werden könnte, da es sehr gegen eine allgemeine Verwirrung an den Schulen wirken würde.

Wir hoffen, dass Sie unsere Bedenken sowie Anliegen ernst nehmen und sich weiterhin für die Belange der Jugendlichen einsetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Henrike Misske (Jugendstadtrat Speyer), Jan Weimann (Jugendstadtrat Pirmasens), Sabrina Kleinhenz (JVRLP), Yannick Becker (Jugendparlament Arzfeld)

 

Im Auftrag der Jugendvertretungen:

  • Jugendvertretung Bingen
  • Jugendparlament Kaiserslautern
  • Jugendrat Koblenz
  • Jugendparlament Bernkastel-Kues
  • Jugendstadtrat Speyer
  • Jugendparlament Arzfeld
  • Jugendgemeinderat der Verbandsgemeinde Maxdorf
  • Jugendbeirat Landau
  • Jugendparlament „Am Zug“ Kirchberg
  • Jugendparlament Trier
  • Jugendkomitee Bad Dürkheim
  • Jugendstadtrat Pirmasens
  • Jugendvertretung der Verbandsgemeinde Asbach
  • Jugendbeirat Herrstein-Rhauen
  • Jugendbeirat Neuwied
  • Jugendparlament Worms
  • Jugendforum Saarburg
  • Landesschüler*innenvertretung
  • Dachverband kommunaler Jugendvertretungen Rheinland-Pfalz